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Neues vom Stadtschreiber...
Familiennamen in Ginsheim (alte Ginsemer Name)
Hans-Benno Hauf, Stadtschreiber in Ginsheim-Gustavsburg)
Gleich vorweg: Alles kann man nicht wissen, und es gibt bestimmt viele von mir noch nicht eingesehene Quellen, in denen der eine oder andere Schatz verborgen ist.
Der erste namentlich bekannte Ginsheimer hieß Togitio, wohl ein römisch-keltischer Reiter vom Stamm der Lingoner aus dem ersten Jahrhundert nach Christus, dessen Grabstein[1] beim Bau der Gustavsburg 1631 gefunden wurde.
Lucius Lucretius Celer[2] war Soldat in der Zenturie des Gaius Mummius Lolianus von der 1. Legion Adiutrix[3]. Die Legion lag von 71 bis 86 nach Christus in Mainz und er verlor seinen Helm in Höhe der Weisenauer Brücke. Hundert Jahre später setzt gemäß seinem Gelöbnis ein Claudius Quartinus, ein römisch-keltischer Soldat vom Stamm der Häduer[4], auf seinem Grundstück einen Jupiteraltar, dessen Basis[5] ebenfalls beim Bau der Gustavsburg ausgegraben wurde.
Ein Adliger namens Nandhari schenkt am 4. März 785 für seinen Todesfall seinen Besitz zu Gennesheim[6] samt fünf Unfreien dem Kloster Fulda. Gab es tatsächlich einen Franken namens Gimmo mit seiner Sippe, wie der Bischofs-
heimer Pfarrer und Historiker Dr. Heinrich Steitz 1950 vermutet und Otto Wenke in der Ginsheimer Chronik[7] übernimmt?
Togitio, Claudius Quartinus, Nandhari oder Gimmo, heutige Familiennamen lassen sich von ihnen nicht herleiten. Der erste schriftlich namentlich erwähnte Vogt, also ein adeliger Beamter und Schiedsmann in gräflichem Auftrag, war 1281 Gysilbertus. Aus dem Jahr 1319 ist uns Wernehrus Flecke bezeugt, 1339 ist ein Schultheiß Emericho Opilio und ein Mann namens Brodlin als Büttel von Ginsheim erwähnt.
Bekannt sind folgende Schultheißen:
- Herman Hexheymer 1497
- Dieln Jeckel, 1505-12
- Jeckel Claßman von 1529-40
- ein Herr Debold 1544
- Adam Loley 1557-62
- Philip Orth 1589-91
- Hans Gauer 1603-17
- Daniel Waldschmitt um 1622
- Philipp Funck 1622-31
- Henrich Birauw 1637
- Adolph Herman Huhn (Huen, Hähn) 1640-65[8]
Im Mittelalter sind viele Besitzwechsel von Gütern, Wiesen, Weiden und Fischrechten beurkundet. Käufer und Verkäu-
fer waren adelig und begründen keinen Bezug auf heutige Familiennamen. Zudem lebten und wohnten sie nicht im Dorf Ginsheim.
Ausnahme ist die Familie von Molsberg, deren verwandter Nachkomme, Joachim von Graevenitz, auf der Nonnenaue wohnte. Die Pfarrer zwischen 1521 und 1572 sind namentlich bekannt[9], aber kein Name taucht in den Folgejahren als Ginsheimer Bewohner auf.
Aus einem Schuldschein von 1589[10] erfahren wir weitere Namen von Familien, die damals lebten:
- Philipp und Catharina Ordt
- Nicolaus Scheffer
- Hans Voltz der Ältere
- Cuntz Reuch
- Hanß Menhardt
- Cleß Cloßmens
- Cleß Eberdt
- Adam Loleyß
- Hanß Herberdt
- Johann Bellersum
- Merten
- Raunheimer
- Weygandts
- Hanß Ehemann
- Philipp Keller
- Mertem Dröll
- Hanß Klein
- Wilhelm Krafft
In einem Erbleihevertrag von 1601[11] werden ein Dieter Stahl und ein Georg Zahn erwähnt und 1612[12] heißt der Ginsheimer Schultheiß Hans Gauer und die Schöffen Closman, Ebert, Mansard, Voltz, Braun, Laubenheimer und Stroh.
Margaretha und Martin Rauch mit den Söhnen Philipp, Johannes und Peter sind bezeugt wie auch Horn, Keller, Scheffer und Voltz.
1615[13] sind urkundlich erwähnt:
- Hans Gauer
- Cleß Clößmanns
- Martin Voltz
- Cleß Ebert
- Wendel Baumann
- Hanß Laubenheimer
- Hans Stroh
- Hans Braun
1666 war Johannes Werner Bürgermeister. Im gleichen Jahr heiratete eine Eva Voltz in Ginsheim einen Johann Heinrich Reinheimer aus Bauschheim.
Die Ginsheimer Kirchenbücher sind erst ab dem Jahr 1667 erhalten, die älteren verbrannten mit dem Pfarrhaus im Dreißigjährigen Krieg. Für das ganze Jahr 1667 sind nur 8 Geburten belegt.
Erstmals tauchen folgende Familien in den Kirchenbüchern auf:
- 1667: Laubenheimer
- 1668: Rauch, Traupel, Voltz, Weber, Reinheimer
- 1670: Hübner
- 1672: Kirschner
- 1673: Stahl
- 1684: Schneider
- 1686 Merten[14]
Bis zum Jahr 1701 sind in verschiedenen Urkunden und Nachweisen[15] folgende Nachnamen in unterschiedlichen Schreibweisen unter anderem verzeichnet:
- Adam, Amelung
- Barth, Becker, Bierbaum, Birnbaum, Bingel, Buß
- Cöpel
- Ebert
- Finck
- Goßig
- Haft, Harth, Hebel, Hofmann, Hübner
- Keller, Kirschner, Krall oder Kröll
- Laubenheimer, Laun, Lautenschläger, Luley
- Mattes oder Mathes, Märtin, Merten, Mois, Muth
- Orth
- Rauch, Reinheimer, Roth
- Santers, Schäfer, Schmit, Schneider, Schorr, Schwab, Schmoll, Schwartz, Stahl
- Traupel
- Volz
- Weber, Weißbinder, Wilhelm
- Zahn, Zehntgraf und Zeisler
Um 1700 bestand Ginsheim also aus insgesamt 67 Anwesen. Darin enthalten sind eine hochherrschaftliche Hofreite, vermutlich in der heutigen Rheinstraße 9, eine Schrautenbachische Hofreite sowie das Backhaus und das Hirtenhaus der Gemeinde in der heutigen Backesgasse.
Wir wissen das heute, weil Schultheiß[16] und Gemeinde alle Gebäude in Ginsheim vom Ortsgericht[17] haben schätzen lassen. Es gibt seit 300 Jahren und danach viele Familien gleichen Namens und viele der Männer trugen daneben auch den gleichen Vornamen. Verwechselungen waren unvermeidlich.
Um dem abzuhelfen, wurde von Amts wegen jedem gleichlautenden Namen eine Zahl, das sogenannte Beizeichen, angefügt. Diese Beizeichen konnten nicht vererbt werden, weil die Söhne oft einen anderen Vornamen trugen. Sie wurden deshalb im Laufe einer Generation neu festgesetzt, weil durch Todesfälle Beizeichen frei wurden, andererseits neue für Heranwachsende gebraucht wurden. Diese Regelung wurde noch bis in das 20. Jahrhundert angewandt.
Hans Ittner[18] gibt dafür ein praktisches Beispiel für den Namen Johann Reinheimer:
Johann Reinheimer I. war der Büro-Schao, Verwaltungssekretär
der II.: Gross-Hannams-Schao
der III.: Bauschemer-Philipps-Schao
der V.: Schwarz-Hannes-Schao
der VI. Bäcker-Reinemers-Schao
der VII.: Maase-Michels-Schao der
VIII.: Schwarz-Schorsche-Schao der
IX.: Reinemer-Hanse-Schao
der X.: Adams-Schao
Es gab aber nicht nur Unterscheidungen der Vornamen, sondern auch Beinamen nach dem Beruf, der Lage oder Besonderheiten der Häuser. Mit der Zeit wurde es zur Gewohnheit, dem alten Namen den Vornamen des Nachfolgers anzuhängen. Durch Erbgang, Einheirat, Kauf oder Verkauf kamen neue Bewohner und neue Namen in das Haus, nur der Name der alten Besitzer blieb fest mit dem Anwesen verbunden.
Unterscheidungen waren auch Spott-, Spitz- oder sogar Schimpfnamen über Familien oder Familienangehörige. Eindeutig und treffend waren die Bezeichnungen für die Familien.
Hier eine kleine Auswahl:
- „Door-Hieweners“ - die Toreinfahrt in der Hauptstraße bei Philipp Hübner gab den Namen
- „s´Unkels“ - eine Familie Volz bewohnte das erste Haus in der Backesgass. Herr Volz hatte eine stille, stets freundliche Art, deshalb wurde er in der Nachbarschaft „de Unkel genannt“. Die einzige Tochter, später verheiratete Weber, war naturgemäß „s´Unkels-Liesje“
- „Bauschemer Philipps“ (Familie Kranich) in der Rheinstraße. Der Großvater der Bäuerin namens Reinheimer stammte aus Bauschheim und so bürgerte sich seit der Heirat das Unterscheidungsmerkmal zu den Ginsheimer Reinheimer ein
- „Adams Wilhelm“ wird eine altbekannte Gastwirtschaft[19] in der Rheinstraße gerufen. Ein Ahnherr der Reinheimer hieß wohl Adam, dessen Sohn auch Adam, war also der „Adams-Adam“. Dessen Sohn der Wilhelm, also der „Adams Wilhelm“ und dessen Sohn auch Wilhelm, sodass „Adams Wilhelm“ beibehalten werden konnte
- „Guthmann an de Port“ in der Rheinstraße[20] - links neben der Hofreite zog sich einst der das alte Dorf schützende Graben entlang. Hier befand sich ein Durchlass zur Ortschaft, die Pforte. Das waren die Guthmanns an de Port zur Unterscheidung zu den Treppe-Guthmanns in der Hauptstraße, wo eine zweiseitige Steintreppe vor dem Haus das Wohnhaus bezeichnet
- Auch von diesen wusste im Ort jeder, wer gemeint war, wenn die Rede war von Spengler-Schorsch (Ludwigstraße), Malers-Fritz (Ringstraße), Kies-Schrepfer (Dammstraße), Klickerwasser-Schrepfer (Backesgasse) oder von dem Schuster-Hermann (Rheinstraße)
- Oder vom Besem-Heinrich (Rauch, Backesgasse). Der Großvater hieß Heinrich, brachte in seiner Jugend einige Zeit im Odenwald zu und lernte dort seine Frau kennen, in deren Familie noch das Binden von Reiserbesen ausgeübt wurde. Das junge Paar kam nach Ginsheim und setzte das Binden von Reiserbesen aus Birkenreisig auch hier fort. Heinrich Rauch erhielt so den Beinamen „Besem-Heinrich“
- „Unneroffiziers“ (Kirschner, Rheinstraße) - der Urgroßvater kämpfte im deutsch-französischen Krieg 1870/1971 als Unteroffizier
- „Schwolleschee“ (Volz, Mainzer Straße) - der Urahn diente im Feldzug 1870/71 bei der leichten Reiterei, bei den Chevauleger, (Chevaux = Pferd), auf gut ginsemerisch: Schwolleschee
- Und zum Schluss es „Bodder Dordche“. Frau Dorothea Reinheimer, genannt Dordche, betrieb mit ihrem Sohn Willi bis zu ihrem Tode eine kleine Gaststätte. Ihr Schwiegervater, Peter Reinheimer, besaß seinerzeit neben der Wirtschaft eine Butterannahme bzw. -verteilungsstelle, weshalb er „Bodderpeerer“ genannt wurde. Der Name übertrug sich auf seinen Sohn Michael, der Ehemann vom Dordsche. Deshalb war er de Boddermichel. Und der Sohn von Michael und Dorothea, der Willi Reinheimer, war deshalb de Bodder-dordscheswilli“
Dank an Frau Dr. Hildegard Kastrup, an deren Wissen ich teilhaben durfte und an Hans Ittner, der vieles zu alten Familiennamen in Ginsheim in einem kleinen Büchlein für die Nachwelt festgehalten hat und aus dem ich einiges zitiert habe.
Quellen:
- aufbewahrt im Museum in Mannheim
- Manfred Welke, Fundbericht, Vor- und Frühgeschichte der Mainspitze, 1963, Seite 23
- deutsch „die Helferin“
- größter keltischer Stamm in Zentralgallien, Aeduer = die Feurigen
- 217 n. Christus, unter dem Konsulat des Praesens & Extricatus
- Dr. Heinrich Meyer zu Ermgassen, 8.12.2009
- Chronik Ginsheim-Gustavsburg S. 18
- alle in Lebendige Heimat, 125 Jahre Kreis Groß-Gerau S. 382
- Jakob Kreich, ein Armbruster, Johann Epping, Christoph Schlund, Johannes Mohr, Gregorius Klettenberger, Georg Bayer und ein Johannes Straub. 1578 gründet Pfarrer Wilhelm Rommel eine Schule mit vier Knaben
- 22.2.1589 - zitiert in der Chronik Ginsheim-Gustavsburg S. 27
- Johann Henrich von und zu Reiffenberg 13.9.1601
- 25.12.1612 Schuldschein - zitiert in der Chronik Ginsheim-Gustavsburg S. 28
- 29.9.1615 Schuldschein - zitiert in der Chronik Ginsheim-Gustavsburg S. 29
- Als Zuwanderer sind es 1777 Schnecko, 1794 Hauf, 1823 Ittner
- Verzeichnis der Eigentümer der Ginsheimer Hofreiten, Häuser und Stallungen um 1700 im Mainzer Vorortarchiv 0/0017
- Ghl Trauppel
- Johann Traupel, Jacob Traupel, Philipus Rauch, Johann Atam
- Haft, Georg Haft, Nikolauß Laubenheimer, Johann Philipus Voltz
- Hans Ittner, Alte Familiennamen in Ginsheim - Selbstverlag, 1.9.1990, Gasthaus Stadt Mainz
- heute Rudolf Guthmann