Ginsheimer Evangelische Kirche


die Ginsheimer evangelische Kirche um 1929

 

Die erste Kirche in Ginsheim wird im Jahr 1339 erwähnt. Auf dem Platz der jetzigen evangelischen Kirche stand bereits lange Zeit vor der Reformation ein kleines Gotteshaus, das dem heiligen Stephan geweiht war.

Es ist bekannt, dass Ginsheim im Jahr 1629 ca. 300 Einwohner hatte. Die Einwohnerzahl am Ende des Dreißigjährigen Krieges ist nicht bekannt, es ist jedoch der Kirchenchronik zu entnehmen, dass der Ort fast menschenleer war. 1694 waren es dann nachweislich 147 Einwohner.

Im 1700 Jahrhundert muss jedoch die Einwohnerzahl rasch angestiegen sein. Der Kirchenchronik kann man um das Jahr 1720 entnehmen, dass die alte kleine Kirche aus dem Mittelalter zwar den Krieg überstanden hatte, jedoch total baufällig und für die Gemeinde zu klein geworden sei.

Es sollte jedoch noch 2 Jahrzehnte dauern, bis die Gemeinde diesen Wunsch realisieren konnte. Erst 1744 wurde die baufällige alte Kirche abgerissen und im gleichen Jahr mit dem Bau der neuen Kirche begonnen. Zwei Jahre später, am 4. Sonntag im August 1746, wurde dann die neue Kirche (barocker Saalbau mit dreiseitigem Schluss ) feierlich eingeweiht, was damals 3 Tage lang gefeiert wurde.

Dieser 4. Sonntag im August wurde danach zum Ginsheimer Kirchweihtag, an dem die Ginsheimer Kerb gefeiert wurde.

Einer der begabtesten Geistlichen Anfang des 18. Jahrhunderts in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, der Darm-
städter Superintendent Johann Konrad Lichtenberg, entwarf den Plan für die neue Kirche und übernahm gleichzeitig
die Bauleitung und rechnete mit den Handwerkern ab. Der Plan für die neue Ginsheimer Kirche fertigte Lichtenberger nach einem Riß der Kirche zu Büttelborn, welche ebenfalls nach seinen Plänen gebaut wurde.

Wie aus der Kirchenchronik zu entnehmen ist, wurde der Bau der Kirche neben Lichtenberg insbesondere durch den Ginsheimer Ortsvorstand mit seinem Schultheiß Johann Michael Traupel, 3 weiteren Männern namens Traupel, den Männern Reinheimer, Rauch, Volz, Haft, Hübner und Laubenheimer unterstützt.

Weiterhin ist bekannt, dass der damalige Pfarrer August Philipp Schad hieß, dessen Vater Pfarrer und Dekan zu Langen war. Baumeister der neuen Kirche waren Johann Adam Traupel und Nikolaus Laubenheimer.

Auch der Landgraf von Hessen-Darmstadt genehmigte 1746 und 1752 zwei Kollekten und half damit die Kirche zu bauen. Auch die Kirchen von Bischofsheim, Gundershausen, Trebur, Raunheim, Egelsbach und Pfungstadt wurden nach den Plänen des Superintendenten Lichtenberg gebaut.

In der Kirchenchronik ist einem Bericht des Pfarrers Wägner aus dem Jahr 1846 zu entnehmen, dass die Gemeinde
zu dieser Zeit Gaben für die dringende Renovierung der mittlerweile 100 Jahre alten Kirche sammelte.

Doch obwohl 120 Gulden gespendet wurden, konnte die Gemeinde die noch fehlenden 300 Gulden nicht aufbringen.

Bild vom September 1929

Aufziehen der neuen Glocken 09.1929

Bei der Renovierung, die dann einige Jahre später erfolgte, wurde leider die ursprüngliche Bemalung, besonders der Emporen, übertüncht und die Kirche büßte im Innern an Schönheit ein.

Die zweite Renovierung erfolgte in den Jahren 1926/27 unter der Leitung von Architekt Wilhelm Pfuhl. Der damalige Gemeindepfarrer Wilhelm Blum setzte sich damals für eine würdige Ausmalung der Innenräume ein.

Nach dem 1. Weltkrieg wurde 1921 die erste Lutherglocke angeschafft. Nach der zweiten Renovierung wurde die Kirche am 23. Januar 1927 wieder eingeweiht und erhielt im Septemper 1929 ein neues Geläut aus 3 Glocken.

Das alte Geläut hatte man im 1. Weltkrieg abgeben müssen. Dabei wurde die eine Glocke, die noch vom Turm der im Jahr 1744 abgerissenen ganz alten Kirche stammte, auf den Turm der alten Schule (heutiges Rathaus) gehängt und dafür die Schulglocke abgegeben.


Die große Lutherglocke hatte ein Gewicht von 15 Zentnern und trug die folgende Inschrift:

Ein feste Burg ist unser Gott. Die Glocken des Dreigeläutes wurden im 400. Gedächtnisjahre der Protestation zu Speyer gegossen. 1529-1929. Derr Vorstand der Evangelischen Kirchengemeinde: Wilhelm Blum, Pfarrer, Adam Plösser,
Friedrich Eitel, Peter Krug, Philipp Hübner I, Heinrich Ittner, Friedrich Rauch VII, Marie Schorr, Peter Rauch V.
Eigentum der evangelischen Kirchengemeinde Ginsheim.

Die mittlere, die Gefallenen-Gedächtnisglocke, hatte ein Gewicht von 9 Zentnern und trug die folgende Inschrift:

Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Ev. Joh. 15. V. 13.
Eigentum der evangelischen Kirchengemeinde Ginsheim.

Die kleine sogenannte Betglocke hatte ein Gewicht von 7 Zentnern und trug die folgende Inschrift:

Wachet und betet, auf dass ihr nicht in Anfechtung fallet. Ev. Math. 26. V. 41.


Alle 3 Glocken wurden in der Glockengießerei I.G. Pfeifer in Kaiserslautern am 29. Juni 1929 gegossen. Von den drei im Jahre 1929 geweihten Glocken mussten die zwei größten am 29. Januar 1942 für Kriegszwecke abgeliefert werden, die dritte aber wurde zusammen mit der Kirche am 25. April 1944 im Bombenhagel vernichtet.

Am 20. Januar 1935 wurde der Bau eines Gemeindehauses fertiggestellt und auch das Pfarrhaus wurde einige Jahre vorher gründlich renoviert.

Dann kam der 2. Weltkrieg, der die Kirche bei einem britischen Luftangriff völlig zerstörte. Darüber schrieb Pfarrer Blum in der Kirchenchronik:

In der Nacht vom 24. auf den 25. April 1944 fand ein Angriff feindlicher Flugzeuge auf Ginsheim statt. Wenige Minuten nach Mitternacht wurde von der Sirene Vollalarm gegeben, der die Einwohner aus dem Schlaf weckte und in die Keller jagte.

Als kurz nach 0:30 Uhr etwa 5 Brandbomben auf das Pfarrhaus fielen, wurden sie sofort gelöscht. Danke des schnellen Zupackens entstanden nur geringe Dach- und Zimmerschäden. Aber die zur gleichen Zeit auf die Kirche gefallenen Brandkanister konnten unterdessen ihre zerstörende Wirkung entfalten, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte, als
die Löschversuche einsetzten.

Die Kirche brannte bis auf die Grundmauern nieder. Glücklicherweise blieb das Gemeindehaus erhalten, sodass wir fortan dort unsere Gottesdienste abhalten konnten. Außerdem sind dem Fliegerangriff in jener Nacht 18 Scheunen und Ställe, mehrere Wohnhäuser teilweise und etliches Großvieh und Kleinvieh zum Opfer gefallen. Menschen sind dabei gottlob nicht umgekommen. Die zerstörten Scheunen und Stallungen wurden fast alle wieder während des Sommers aufgebaut.

Obwohl damals keine Hoffnung bestand, die Kirche wieder aufzubauen, wurden doch schon wenige Tage nach der Zerstörung dem Pfarrer die ersten Spenden zum Wiederaufbau überreicht.

Nach vielen Mühen wurde die jetzige evangelische Kirche auf den Grundmauern der damals abgebrannten aufgebaut und am 6. Dezember 1953 durch den Herrn Kirchenpräsidenten Dr. Martin Niemöller eingeweiht. Beinahe 9 Jahre waren seit jener Nacht vergangen, in der unser friedliches Altrheindorf durch den Fliegerangriff heimgesucht wurde; fast 9 Jahre, in denen der Wiederaufbau unermüdlich betrieben wurde.

Die Planung zum Wiederaufbau der Kirche lag in den Händen des Wiesbadener Architekten Ernst Benner, der auch das evangelische Gemeindehaus neben der Kirche erbaut hatte. Die Ausführungen der Wiederaufbauarbeiten leitete der Ginsheimer Architekt Johann Dieter, welcher 4 Wochen vor der Einweihung an einem Herzschlag starb.

Wenn eine Chronik von der Ginsheimer Kirche berichtet, muss dabei der damalige Dekan Wilhelm Blum erwähnt werden. Als treibende Kraft sorgte er dafür, dass 1926 die Ginsheimer Kirche von Grund auf renoviert wurde, 1926 wieder Glocken in den Turm kamen, das evangelische Gemeindehaus 1935 gebaut und kurz nach dem Krieg mit
dem Wiederaufbau der zerstörten Kirche begonnen wurde.

Er lebte seit 1925 in dem 1753 erbauten und baufälligen Pfarrhaus. Vor Beginn seines Ruhestandes sorgte er noch dafür, dass das alte Pfarrhaus abgerissen und an der gleichen Stelle ein neues evangelisches Pfarrhaus gebaut wurde. Sein Nachfolger konnte dann am 01.08.1968 in das neue Pfarrhaus einziehen.

Sein Plan, dass die evangelische Kirchengemeinde auch einen Kindergarten erbaut, scheiterte letztendlich an der Finanzierung. Dieser Kindergarten wurde dann später von der Gemeinde erbaut.

Als er vom alten Pfarrhaus in sein eigenes Haus am Damm (Dammstraße Ecke Bacchusstraße) umzog, war dies der größte Umzug, den die Umzugsfirma jemals durchgeführt hatte. Sein damilger Kommentar dazu: In den 41 Jahren hatte sich soviel Plunder angesammelt, dass wir 7 Möbelwagen brauchten.


Literaturhinweise:

  1. "Chronik der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg von 1976"
  2. "Das Leben in Ginsheim-Gustavsburg im Wandel der Zeit" der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg von 2005
  3. Deutsche Wikipedia